Interview: Erwachsenenkorsett bei Skoliose – wieso das denn?

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Skoliose ist eine seitliche Verkrümmung der Wirbelsäule bei gleichzeitiger Drehung der Wirbelkörper. Skoliose tritt häufig in Zeiten raschen Wachstums, also vor und während der Pubertät auf. Die Auswirkungen können für die Betroffenen sehr belastend sein. Leider lassen sich nur wenige Skoliosen komplett und vollständig begradigen, weshalb Skoliose auch ein Thema für die erwachsenen Betroffenen ist.

 

Unser Orthopädietechnikmechaniker-Meister und Mitglied der Geschäftsleitung Jan Jurkoweit hat Luise bei Ihrer Korsett-Anprobe in einem persönlichen Gespräch über das Thema: "Skoliose-Korsett bei Erwachsenen" interviewt.

Jan: Hallo Luise, wir haben gerade die Anprobe für dein neues Korsett beendet – alles passt, und du hast freundlicherweise einem kurzen Interview zugestimmt. Vielen Dank vorab schon mal dafür. Vielleicht kannst du dich kurz vorstellen:

Luise: Ich bin die Luise, 21 Jahre und ich mache eine Ausbildung zur MTLA (Medizinisch-technische/r Laboratoriumsassistent / Laboratoriumsassistentin). In meiner Freizeit gehe ich gerne Motorrad fahren, reiten und ich bin in der Freiwilligen Feuerwehr.

Jan: Also ein sehr aktives Leben kann man sagen. Das verlangt auch körperliche Fitness, und der Rücken sollte mitspielen. Seit wann ist die Skoliose bei dir bekannt?

Luise: Es wurde mit 14 Jahren festgestellt, es war ein Zufallsbefund. Ich bin vom Pferd gestürzt und es wurde dann in den anschließenden Untersuchungen festgestellt, dass mein Rücken nicht ganz gerade ist. Das Röntgenbild damals zeigte die typische S- Form. Es war erstmal etwas schockierend.

Jan: Luise, wir hatten uns ja zuletzt beim Orthopäden getroffen und zu diesem Zeitpunkt hast du tatsächlich noch dein altes, viel zu kleines, Korsett getragen. Was war für dich der Grund als junge Erwachsene noch einmal ein Skoliose-Korsett zu tragen?

Luise: Als ich ausgewachsen war und es ablegte, ging es zunächst ganz gut. Später jedoch litt ich immer wieder unter Rückenschmerzen. Irgendwann kam ich auf die Idee, dass ich mein altes Korsett doch wieder mal in der Nacht tragen könnte. Schnell konnte ich feststellen, dass die Schmerzen fast komplett nachließen. Ich habe es seitdem regelmäßig getragen, obwohl es wohl schon ziemlich eng war.

Jan: Sehr interessant, dass du das so schilderst. Viele unseren Erwachsenen Patienten schildern es ähnlich und kommen selbst auf die Idee. Welchen Einfluss hat die Skoliose auf deinen Alltag?

Luise: Ich musste dies auf jeden Fall bei meiner Berufswahl berücksichtigen. Eine Tätigkeit mit wechselnden Positionen, also gehen, stehen und sitzen wurde mir empfohlen.

Eine einseitige Belastung, wie der „klassische“ Bürojob, kam für mich nicht infrage. In der Freizeit gerade bei der Freiwilligen Feuerwehr kann ich nicht die allerschwersten Gerätschaften tragen.

Jan: Wie hat sich deine Einstellung in Bezug auf Skoliose und die Therapie im Laufe der Zeit verändert? Ich kann mir vorstellen, dass zwischen 14 und 21 Jahren viel passiert.

Luise: (lacht) Früher habe ich das Korsett fast nur getragen, weil ich es musste und hatte wenig Lust. Ich war jedes Mal froh, wenn ich es wieder ausziehen konnte. Heute trage ich es gerne, weil ich merke, dass es mir hilft und mir guttut.

Jan: Wie planst du dein neues Erwachsenen-Korsett jetzt zu tragen?

Luise: Ich werde es als Nachtkorsett tragen. Sollte ich im Urlaub sein oder an einem anderen Ort übernachten, kann es auch mal für ein oder zwei Tage zu Hause bleiben – das geht dann auch gut. Die meiste Zeit gehört es jedoch einfach dazu.

Jan: Wirst du das Korsett auch tagsüber tragen? Der ein oder andere unserer Erwachsenen tut dies ja.

Luise: Solange es die Schmerzen nicht verlangen, habe ich das nicht vor. Die Tragedauer über Nacht passt gut in meinen aktuellen Alltag.

Jan: Wie reagieren denn die Freunde und Familie auf das Korsett?

Luise: Die meisten sind interessiert und neugierig. Fragen nach, warum ich ein Korsett trage. Viele fragen kritisch und können nicht nachvollziehen, dass das Korsett mir tatsächlich hilft. Auch dass ich mit Korsett sogar besser schlafen kann als ohne, fällt vielen schwer zu verstehen. Es sind aber durchwegs positive Reaktionen und keine abwertenden Kommentare.

Jan: Das ist natürlich die positive Seite, wenn man das Korsett als Erwachsener trägt. Als Teenager ist das Thema doch wesentlich schwieriger und man bekommt nicht nur freundliche Reaktionen. Was machst du außer dem Korsett noch für deine Skoliose?

Luise: Ich mache kein Krafttraining, jedoch gehe ich leidenschaftlich gerne bouldern und mache regelmäßig Übungen zu Hause. Mir ist wichtig, in allen Bewegungsebenen zu arbeiten. Auch das tut mir gut und gehört zu meiner regelmäßigen Routine. Außerdem reite ich nach wie vor gerne.

Jan: Welchen Rat würdest du jungen Korsettträgern (Teenagern) geben?

Luise:  Man sollte sich auf keinen Fall für sein Korsett schämen, auch wenn es mal irgendwo doch sichtbar sein sollte. Mein Korsett war so gut gebaut, dass es ohnehin kaum aufgefallen ist. Ich würde allen empfehlen, es so oft wie möglich zu tragen. Aber das hört man ja oft genug von allen Seiten (lacht).

Jan: Würdest du anderen Erwachsenen mit Skoliose auch zum Korsett raten?

Luise: Das kann man sicherlich nicht pauschal für alle sagen. Jedoch würde ich jedem raten, sich über die Möglichkeiten zu informieren. Probieren geht über Studieren.

Jan: Ja, da stimme ich dir zu, ein Versuch ist es sicher wert. Von der großen Mehrheit bekomme ich ein eindeutig positives Feedback.

Vielen Dank Luise für deine offenen Worte. Ich wünsche dir einen super Start mit deinem neuen Korsett. Bitte berichte mir unbedingt bald, wie es dir mit deinem neuen Korsett geht.

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